Steuertipp Juli 2017

Neue Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung

Die Gesundheit ist ein wertvolles Gut. Leider kann die Gesundheit aber auch zu einem teuren Gut werden, wenn die Krankenkasse nicht sämtliche Kosten übernimmt. Insbesondere bei Zahnersatz, Brillen, Hörgeräte oder bei häufigen Zuzahlungen für Medikamente sind im Jahr schnell hohe Beträge ausgegeben. Ein sprichwörtliches Trostpflaster bietet in diesem Fällen der Ansatz dieser sogenannten Krankheitskosten in der Einkommensteuererklärung, denn im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 EStG) beteiligt sich das Finanzamt an den Kosten.

Die angesetzten Kosten wirken sich steuerlich allerdings erst dann aus, wenn die Grenze der zumutbaren Eigenbelastung überschritten ist. Die zumutbare Eigenbelastung ist zu verstehen als Eigenanteil, bevor das Finanzamt eine Steuerentlastung beisteuert. Dies führt dazu, dass jedes Jahr außergewöhnliche Belastungen bis zu einem bestimmten Betrag „unter den Tisch fallen“ und sich nicht steuermindernd auswirken. Die Höhe dieser Grenze beträgt je nach Familienstand und Kinderzahl zwischen 1 und 7 % vom eigenen Jahreseinkommen. Nach bisheriger Rechtslage wurde mit Überschreiten einer Einkommensstufe insgesamt der nächst höhere Prozentsatz hierfür angewendet.

Nun hat der Bundesfinanzhof als höchstes deutsches Finanzgericht zu Jahresbeginn entschieden, dass diese Art der Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung unzulässig ist und damit bislang falsch gerechnet wurde. Das Bundesministerium der Finanzen hat deshalb am 1. Juni 2017 bekanntgegeben, dass ab sofort anders gerechnet werden muss.

Es ist nunmehr nicht ein einheitlicher Prozentsatz vom Einkommen als zumutbare Eigenbelastung anzuwenden, sondern zur Ermittlung der zumutbaren Eigenbelastung wird das maßgebliche Einkommen in Stufen eingeteilt. In der untersten Stufe wird der geringste maßgebliche Prozentsatz angewendet, in der zweiten Stufe wird dann der nächst höhere Prozentsatz angewendet und erst in der dritten Stufe wird der höchste maßgebliche Prozentsatz angewendet. Im Ergebnis führt diese Berechnung zu einem höheren steuerlichen Abzug der außergewöhnlichen Belastungen und damit in der Regel zu einer höheren Einkommensteuererstattung.

Bei einer Familie mit 2 Kindern und einem Jahreseinkommen von beispielhaft € 52.000 wurde die zumutbare Eigenbelastung bislang mit € 2.080 bzw. 4% festgesetzt. Ab sofort beträgt dieser Selbstbehalt ca. € 1.420 und liegt damit ca. € 660 unter dem bisherigen Niveau. Die Steuererstattung hieraus kann im Beispiel über € 200 betragen.

Die Finanzämter sind inzwischen angewiesen, diese neue Berechnung auch umzusetzen. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, kann die neue Rechtslage mit einem Einspruch beantragt werden. Im Einzelfall kann es zudem möglich sein, die neue Rechtslage rückwirkend auch für ältere Jahre zu erwirken. Gerade bei höheren Krankheitskosten lohnt es sich, hier genauer hinzuschauen.

Frank Hölter
Steuerberater der Kanzlei
Volbers Vehmeyer Partner in Neuenhaus