Keine Auslandsdienstreise ohne A1-Bescheinigung
Strenge Vorschriften sowohl für Beschäftigte als auch für Selbstständige
Gerade in unserer Grenzregion zu den Niederlanden gehören Dienstreisen ins europäische Ausland zum beruflichen Alltag. Vielfach wird hierbei jedoch eine wichtige Vorschrift übersehen, denn wer dienstlich von Deutschland aus in das EU-Ausland (sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) reist, muss eine sogenannte „Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (A1)“ mit sich führen. Diese Bescheinigung wird auch kurz A1-Bescheinigung oder Entsendebescheinigung genannt.
Hintergrund dieser Regelung ist die Tatsache, dass jedes EU-Land ein eigenes Sozialversicherungssystem hat. Wer außerhalb seines Heimatlandes arbeitet, müsste ohne eine befreiende Regelung deshalb auch im Ausland Beiträge zahlen. Um dies zu vermeiden, stellen die Sozialversicherungsträger A1-Bescheinigungen aus. Damit wird bestätigt, dass ein Arbeitnehmer oder auch Unternehmer für die Zeit seiner Beschäftigung im Ausland der Sozialversicherung seines Heimatstaates angehört. Die Bescheinigung erspart Versicherten die lokalen Sozialabgaben und damit doppelte Beiträge.
Dieses Verfahren ist nicht neu, sondern gilt bereits seit dem 1. Mai 2010. In der Vergangenheit wurde das Fehlen der Bescheinigung oftmals im Ausland nicht kontrolliert oder geahndet. Dies hat sich in der letzten Zeit jedoch europaweit geändert. Gerade in Österreich und auch Frankreich nehmen die Kontrollen stark zu. Besonders betroffen hiervon sind die Transportbranche und Handwerker, die auf Baustellen im Ausland arbeiten. Wer erwischt wird, wird zur Kasse gebeten: Österreich verhängt bei fehlenden A1-Bescheinigungen Bußgelder zwischen 1.000 und 10.000 Euro – sowohl gegen das Unternehmen als auch gegen den Mitarbeiter. In Frankreich wird schnell ein Bußgeld von über 3.000 Euro für den Mitarbeiter fällig. Aber nicht nur Kontrollen von öffentlicher Seite können zum Problem führen. Aus Haftungsgründen lassen einige Unternehmen keine ausländischen Gäste mehr auf das Firmengelände, ohne Vorlage der A1-Bescheinigung beim Pförtner.
Seit Jahresbeginn 2019 müssen die A1-Bescheinigungen elektronisch beantragt werden. In der Regel werden diese auch kurzfristig durch die Sozialversicherungsträger ausgestellt. Eine A1-Bescheinigung muss dabei für jedes Land und für jeden Einsatz grundsätzlich separat beantragt werden. Wer sehr kurzfristig ins Ausland reisen muss, sollte einen Nachweis der Beantragung mit sich führen. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob man nur wenige Stunden oder mehrere Wochen bleibt: im sozialversicherungsrechtlichen Sinn handelt es sich bei allen Einsätzen von Beschäftigten und auch Selbständigen im Ausland um eine Entsendung, wodurch eine A1-Bescheinigung benötigt wird.
Das Verfahren steht berechtigter Weise als bürokratisches Hemmnis massiv in der Kritik. Es gibt deshalb eine europäische Initiative, das Verfahren zu vereinfachen. Es bleibt zu hoffen, dass eine solche Vereinfachung im Sinne des europäischen Gedankens kommen wird. Bis dahin bleibt es bei der Verpflichtung und dem bürokratischen Aufwand.
Frank Hölter
Steuerberater der Kanzlei
Volbers Vehmeyer Partner
in Neuenhaus